Meeresstation Wilhelmshaven

Datierung von biogenen Carbonaten mit Aminosäurenenantiomerenverhältnissen

Daniel Ziehe, Prof. Dr. Gerd Liebezeit (Forschungszentrum TERRAMARE)

(vom 01.04. - 31.12.04)

Im Rahmen einer Diplomarbeit werden mit der Methode der Aminosäuredatierung Altersbestimmungen an Muschelschalen durchgeführt. Altersbestimmungen von Muschelschalen aus Sedimentkernen dienen hierbei der zeitlichen Einordnung der angetroffenene Sedimente und liefern zusätzliche Informationen über Sedimentationsraten im Bereich des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer.



SpiegelbildisomereMethode:
Die Aminosäuredatierung über die Racematmethode dient der absoluten Altersbestimmung und nutzt dabei die optische Aktivität von Aminosäuren aus. Aminosäuren haben zwei Spiegelbildisomere, eine L- und eine D-Form (s. Abb. links). Alle höheren Lebewesen synthetisieren ausschließ-lich L-Aminosäuren und bauen aus ihnen Proteine auf. Die Aminosäuremethode beruht darauf, dass die im lebenden Gewebe vorhandenen L-Aminosäuren nachD/L-Form-Verhältnis dem Absterben des Organismus durch Umlagerung zweier Molekülgruppen allmählich in die D-Form übergehen, so dass ein Gemisch aus L- und D-Aminosäuren entsteht. Das Verhältnis beider Formen in einem Fossil kann gemessen werden. Weiß man, mit welcher Geschwindigkeit der Umwandlungsprozess, die Aminosäure-Racemisierung, abläuft, so lässt sich die Zeit ermitteln, zu der die ursprüngliche L-Form gebildet wurde (s. Abb. rechts)



Mytilus edulisUntersuchung:
Untersuchungsobjekt sind Schalen der Miesmuschel (Mytilus edulis L.), die an der deutschen Nordseeküste im Bereich des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer an verschiedenen Standorten in Sedimentkernen gewonnen wurden.

Nach der Entnahme aus den Sedimentkernen werden die Schalen mechanisch gereinigt und bei Raumtemperatur getrocknet. Die Muschelschalen werden danach zerbrochen, je 200 mg abgewogen und im Eisbad in 1 M Salzsäure gelöst. Nach vollständiger Auflösung des Carbonates wird die ungelöste organische Matrix in 5 M Salzsäure unter Schutzgas 24 h bei 110 °C hydrolysiert. Es werden jeweils 200 µl entnommen und gefriergetrocknet und der Rückstand in 2 mL deionisiertem Wasser aufgenommen. Die Altersbestimmung basiert auf der Derivatisierung der Aminosäuren mit IBLC/IBDC. Die Trennung erfolgt mittels Reversed-Phase-HPLC (RP-HPLC).

Um die Kinetik der Umlagerungsreaktion im Labor experimentell zu bestimmen, führt man Heizexperimente an jungen Muschelschalen bekannten Alters durch. Nach mechanischer Entfernung des Fleisches werden diese gereinigt und bei Raumtemperatur getrocknet. Anschließend werden die Muschelschalen erhöhter Temperatur ausgesetzt, womit die Umlagerung bzw. Umwandlung der Aminosäuren beschleunigt wird. Dann erfolgt die Aufarbeitung, Derivatisierung und Trennung wie oben beschrieben. In definierten Zeitabständen wird so die Racemisierungsrate bestimmt. Diese Heizexperimente werden zur Erstellung der Kalibriergraden genutzt. Die experimentell bestimmte Kinetik lässt sich dann auf die fossilen Proben übertragen.


Ausblick:
Im Rahmen dieser Diplomarbeit wird das D/L-Verhältnis von Asparaginsäure ausgewertet, da bei dieser Aminosäure die Umlagerung am schnellsten erfolgt und somit die in geologischer Zeitskala sehr jungen Zeitabschnitte des Wattenmeeres (<350 Jahre) erfasst werden können. Die Proteine, auf denen das Schalencarbonat abgelagert wird, sind von Art zu Art unterschiedlich. Daher werden im nächsten Schritt auch Schalen von Cerastoderma edule L. (Herzmuschel), Mya arenaria L. (Sandklaffmuschel) und Littorina littorea L. (Strandschnecke) untersucht. Die ebenfalls in den Sedimentkernen enthaltenen Schalen können wieder zeitlich zugeordnet werden und dienen dazu, die Einordnung der Sedimente weiter zu verbessern. Des weiteren liefern sie weitere Informationen über Sedimentationsraten im Bereich des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer.